Big Sky

Freitag 11.8.2017, Fahrt nach South Lake Tahoe

Wir hatten eine tolle Zeit mit Mike und Dolores Politi in Sutter Creek, doch nun reisen wir weiter. Etwas ist allerdings noch zu tun: der Besuch des Department of Motor Vehicle. Diesmal sollte es das DMV in Jackson sein, gleich neben Sutter Creek. Mike weiss genau, wie vorzugehen ist. Ich muss mich um 7:15 vor dem Hotel bereithalten, damit er mich abholen kann. Er ist pünktlich da und wir fahren zum DMV, wo erst zwei Männer vor der Tür warten. Wir sind 40 Minuten vor Türöffnung da und unterhalten uns deshalb mit dem ersten in der Warteschlange, welchen Mike kennt. Bis acht Uhr kommen noch 3 weitere Personen an, die sich anstellen. Keine Sekunde vor acht öffnet sich die Tür und drinnen müssen wir nur fünf Minuten warten, bis die erste der zwei Personen vor uns fertig ist.

Es stellt sich heraus, dass meinerseits wirklich alles Ok ist, ich muss nur noch die Social Security Number (sowas wie AHV-Nummer) im Formular eintragen. Shit! Diese war irgendwann, irgendwo, in den letzten zwanzig Jahren verloren gegangen. Ich hatte sie damals als Student erhalten, und sie war nun zwingend für das Erneuern des Führerscheins. Wie komme ich nun zu dieser Nummer? Mike kennt da wieder eine Dame in der Amador County Verwaltung, die im Social Security Office in Placerville gearbeitet hat. Wir fahren also dorthin, um festzustellen, dass man die Auskunft nur vor Ort persönlich erhält. Wir haben leider einen Termin in Minden NV, deshalb entscheiden wir uns etwas enttäuscht, die Sache mit der California Drivers Licence fallen zu lassen. Falls ich wieder einmal hierher komme, greife ich die Sache wieder auf. Mittlerweile weiss ich ja, wie ich vorzugehen habe.

Kommen wir nun zu unserem Termin in Minden, NV. Ich machte diesen heute Vormittag für halb sechs ab, erhielt jedoch ein Mail, dass «Thunderstorms» (ich mag dieses Wort für Gewitter) erwartet würden und ob es uns nicht früher ginge. Ich rufe also an und wir einigen uns auf halb vier.

Nachdem wir uns im Stammlokal «Cafe-O-Latte» verabschiedet haben (nach drei Mal gehört man irgendwie dazu), fahren wir zu Mike und Dolores und verabschieden uns in der Gewissheit, dass wir sie im Herbst, spätestens aber im Frühling wiedersehen würden.
Anmerkung: wir haben sie mittlerweile im Herbst 2017 in Florenz getroffen.

Weil wir genügend Zeit haben, fahren wir statt direkt nach Minden nach South Lake Tahoe, wo wir unser Zimmer beziehen können. Ich fühle mich irgendwie nicht ganz gut, nachdem ich aber etwas Kleines gegessen und ein Bier getrunken habe, bin ich wieder topfit und wir fahren innerhalb einer halbe Stunde nach Minden zum Flugplatz.

Dies ist nun also der zweite Punkt, der heutigen ToDo-Liste: aus einem Flugzeug springen! Als erstes lassen wir ein Video über uns ergehen, wo erklärt wird, was alles passieren kann. Wie man so schön sagt, geht uns dabei schon mal der Laden runter. Was machen wir hier eigentlich? Nach diesem Video setzen wir etwa 50 Unterschriften unter einen mehrseitigen Vertrag, den wir natürlich Wort für Wort durchgelesen haben (In fact we didn’t read ONE word, except «signature»). Wir gehen davon aus, dass sie sich mit diesem Wisch von aller Schuld freihalten wollen.

Angelika bekommt nun Batman (Dick Smith) als Instruktor und passend dazu den Robin-Anzug. Batman ist vertrauenwürdig, weil seine Frau und die beiden Kinder anwesend sind. Etwas differenzierter sieht es bei Eli aus, meinem Instruktor. Immerhin hat er eine Freundin, aber als er mir erzählt, dass er nebenbei auch noch Basejumper ist, ist das nicht unbedingt der Punkt, welcher mich beruhigt. Nun ja, wir müssen da jetzt halt durch.

Wir zwei mit dem vertrauenswürdigen Batman

Ein witziger, glatzköpfiger Elektrogolfwagenfahrer bringt uns vier zum Flugzeug, wo wir uns hineinzwängen. Nun ist uns klar, warum die Gewichtsbeschränkung 120 kg beträgt: das Ding ist so klein, dass wir hineinkriechen müssen. Nachdem das geschehen ist, geht’s sogleich los. Das Flugzeug beschleunigt und hebt sehr schnell ab. Wir haben etwas Zeit, es genauer zu inspizieren. Unsere Kiste stammt aus dem Jahr 1973 und ist überall mit Panzerband repariert. Auf der Seite fehlt eine Tür. Stattdessen wird die starke Luftströmung von einer ebenfalls mit Panzerband reparierten Blache behelfsmässig zurückgehalten. Angelika hat den etwas angenehmeren Platz erwischt und ist dadurch windgeschützt.

In diese Kiste ohne Türe müssen wir rein
Der an mich gegurtete Eli, das mit Panzerband reparierte Innere

Wir gewinnen schnell an Höhe. Anfänglich ist es sehr angenehm, aber je mehr Höhe wir gewinnen, umso kälter wird es vor allem an meinen Beinen und Händen. Unser Ziel sind 12’000 Fuss über Boden, 17’000 Fuss über Meer (ca. 5’100 m ü.M.). Auf dieser Höhe haben wir noch etwa 3° Celsius. Alle Bänder werden festgezurrt, die Brille zum Schutz vor der Strömung montiert und wir rutschen seitlich zum Ausgang, wo nun meine Beine etwa 3’500 Meter über dem Boden nach unten baumeln.

Eine Sekunde vor dem Absprung: eigentlich will man das gar nicht, aber zu spät… (Robin sieht entspannter als ich aus)

3-2-1, wir kippen weg und sacken ab wie ein Stein. Dabei drehen wir uns einmal um die Achse, die Sonne blendet mich, ich weiss einen Moment nicht, was oben und unten ist, bis uns Eli in eine stabile Lage bringt. Nun muss ich Arme, Beine und Kopf strecken und kann mich umsehen. Mit über 200 km/h rasen wir auf die Erde zu. Ich spüre, wie es sehr schnell wärmer wird. Ich sehe, wie schnell die Erde auf mich zu rast. Der freie Fall dauert ziemlich genau 40 Sekunden und auf einmal werde ich relativ sanft zurückgezogen und meine Beine schnellen nach vorne. Das ist eine kleine Überraschung und ich erschrecke ein wenig. Ich bin aber froh, dass das geschehen ist, denn ich kann die Objekte am Boden nun deutlich ausmachen. Eli übergibt mir die Kontrolle über den Fallschirm, welche ich bis kurz vor der Landung behalten darf. Wir landen schliesslich sanft auf unserem Allerwertesten. Gleich darauf landen auch Batman und Robin und ich falle Robin in die Arme, welche mindestens so begeistert ist wie ich.

Angelikas spektakulärer Sprung

Angelika fragt Dick (Batman), wie er Fallschirmspringen nach über 4’000 Sprüngen noch empfindet. Er meint, genau diese Reaktionen, die er bei uns gesehen hätte, seien seine Belohnung und motivieren ihn bei seinem Beruf.

Wir fahren schliesslich glücklich und zufrieden zu unserem eine halbe Stunde entfernten Hotel in South Lake Tahoe zurück. Auf dem Rückweg fahren wir an einem Unfall vorbei, wo wahrscheinlich und zum Glück niemand zu Schaden gekommen ist. Ein Anhänger war umgekippt und die ganze Ladung liegt auf dem Boden. Die Highway Patrol ist schon da und wir können ohne Probleme daran vorbeifahren.

Samstag 12.8.2017, Lake Tahoe

Nach dem intensiven Vortag, haben wir heute nichts besonderes vor. Wir setzen uns hin und planen unsere Weiterreise und die totale Sonnenfinsternis vom 21.8. Dabei stellt sich wie erwartet heraus, dass im Kernschatten der Finsternis jedes Zimmer ausverkauft ist, oder für einen Preis pro Nacht zu haben ist, dass man eine Woche Ferien damit machen könnte. Auch ausserhalb des Kernschattens, zwei bis drei Stunden Autofahrt entfernt, gibt es keine freien Hotelzimmer. Egal, wir würden wohl in den Kernschatten fahren und im Auto übernachten. So wie es aussieht, würde das irgendwo in der Nähe von Twin Falls oder Idaho Falls sein. Der Wetterbericht spielt im Moment noch mit, aber mehr als eine Woche im Voraus? Da kann noch allerhand passieren.

So stellen wir einen Plan auf und definieren unsere nächsten drei Ziele, wobei wir sogleich die Buchungen in Hotels oder Motels vornehmen. Erst nach drei Uhr fahren wir los, die Umgebung von Lake Tahoe zu erkunden. Wir fahren in Richtung Emerald Bay, anfangs noch mit dem Ziel, gut zwei Stunden wandern zu gehen. Da wir aber doch recht spät unterwegs sind, entscheiden wir uns, nur Vikingsholm in der Emerald Bay zu besuchen, ein 1928 gebautes Gästehaus im norwegischen Stil. Als wir aber nach vier dort ankommen, ist dieses schon geschlossen. Das ist nicht weiter tragisch, können wir doch noch ein wenig in der traumhaft schönen Emerald Bay verweilen und aus nächster Nähe kanadische Wildgänse (Kanadagans) beobachten.

Vor verschlossenen Pforten: Vikingsholm
Kanadagänse in der Emerald Bay

So schön die Gegend um den Lake Tahoe auch ist, so sehr müssen wir davon abraten, sie im Sommer zu besuchen. Es gibt überall Stau ohne Ende und für die Strecke von der Emerald Bay zurück brauchen wir statt einer halben eine volle Stunde. Bei uns im Flachland heisst es «mä gouht am wuchanend ins püntnerland», in Kalifornien «mä gouht am wuchanend an leik tacho». Wir kennen nur ein Sommerwochenende, vielleicht sieht es im Spätsommer an Wochentagen ja ganz anders aus. Im Winter ist Lake Tahoe DAS Skigebiet in Kalifornien. Der See selber liegt ja schon auf 1900 m ü.M. Trotz seiner Höhe über Meer friert er nie. Dies verdankt er seiner Tiefe von rund 500m! Interessant ist auch, dass das Wasser des Lake Tahoe nie das Meer erreicht. Es läuft aus dem See in den Truckee River, welcher nach etwas über 200 km in den Pyramid Lake mündet und dort verdunstet. Es verdunstet mehr Wasser in diesem See als hineinfliesst, deshalb wird der Pyramid Lake immer kleiner.

Selfie hoch über der Emerald Bay

Die letzte Nacht im Paradice Motel war alles andere als eine paradiesische, eher eine Zumutung. Unser Zimmer war viel zu hell, wir hörten die Leute sprechen und die Treppe knirschte bei jedem, der nach oben ging. Zusätzlich war das Boxspring Bett so weich, dass entweder Angelika auf mir oder ich auf ihr schlief. Wir waren nach dieser Nacht wie gerädert. Ich habe diesen Umstand der chinesischen Managerin mitgeteilt, welche uns ein neues Zimmer zuweist. Alle oben genannten negativen Punkte treffen hier nicht mehr zu und wir schlafen wie Steine. Hier heisst es in der Tat ebenso «sleep like a rock». Ich ziehe diese Variante der zweiten vor: «sleep like a baby», da sie ein bisschen männlicher klingt.

Sonntag 13.8.2017, Fahrt nach Elko

Wir stellten den Wecker auf acht Uhr, da wir heute rund fünf Stunden Weg hinter uns bringen wollen, resp. müssen. Wie am Vortag findet das Frühstück in der Küche der chinesischen Managerin statt. Gestern waren wir mit vier Koreanerinnen zusammen, welche Jobs im Silicon Valley haben und mit einem Tesla Model X angereist waren. Offensichtlich gehörten sie zu den gut Verdienenden, mit Schönheit waren sie jedoch nicht gesegnet. Heute treffen wir zwei Polen an, und etwas später gesellt sich eine hübsche Polin dazu. Alle drei sind Studenten und arbeiten in ihren Ferien im Casino, welches sich nicht einmal einen halben Kilometer weiter im Ostern befindet, wo der Staat Nevada beginnt. Wir unterhalten uns mit ihnen, und sie erklären, dass sie quasi Ferien inklusive Geld verdienen machen. In ihren letzten zwei Ferienwochen wollen sie durch Kalifornien und Florida reisen.

Nach dem Essen machen wir uns auf den Weg zum rund 560 km entfernten Elektrolytkondensator. Eigentlich heisst diese Stadt ja Elko (NV), aber weil wir uns diesen Namen nicht merken können, nennen wir sie schlicht «Elektrolytkondensator». Auf dem Weg hierher fahren wir schon wieder an einem Unfall vorbei. Ein Mercedes liegt auf der Seite und dahinter steht ein vorne links beschädigter Lastwagen auf dem Pannenstreifen. So wie es aussieht, hat der Mercedes den Lastwagen «abgeschossen» und ist deshalb gekippt. Es ist erschreckend, an wie vielen Unfällen wir schon vorbeigefahren sind.

Wunderschönes Gespann auf der Fahrt nach Elko, ausnahmsweise mit einem mürrischen Besitzer

Vom Lake Tahoe fahren wir über eine Gebirgskette nach Carson City (Hauptstadt von Nevada), dann nach Reno. Auf den knapp 500 km Strasse hinter Reno muss Angelika dreimal bremsen und Gas geben, so eintönig ist es. Es sind hier relativ wenig Autos und Lastwagen unterwegs, und erstaunlicherweise fahren die Autofahrer viel langsamer als in Kalifornien. Angelika stellt den Tempomat bei Tempolimit 80 mph auf 87 mph ein und es überholen uns auf der ganzen Strecke gerade mal fünf Autos. Mit nur 7 mph schneller als das Limit ist man in Kalifornien einer der langsamsten Automobilisten.

So hässlich, dass es schon fast wieder schön ist: unser günstiges Hotel in Elko

Wir haben am Vortag das zweitbilligste Zimmer in Elko reserviert und sind auf das Schlimmste gefasst. Für 84$ erhalten wir nun aber eines der Top drei Zimmer der ganzen Reise in einem lausigen, schmuddeligen Casino (kein Witz!). Heute sind wir so fit, dass wir nicht einmal nach der langen Autofahrt müde sind. So können wir hier den Pool noch etwas geniessen und das Corona trinken, welches wir schon ein paar Tage mitschleppten. Proscht!

Montag 14.8.2017, Fahrt nach Idaho Falls

Heute gibt es nicht viel zu berichten. Das nennenswerteste ist wohl der Wetterumschlag. Über weite Strecken von Elko nach Idaho Falls regnet es und es ist zum Teil unter 15 Grad kalt. Dieser Umstand macht die Gegend noch trostloser als sie sonst schon ist. Von der Landschaft her ist das einzige Erwähnenswerte, dass man nach stundenlanger Fahrt auf einmal wieder vor einem kleinen Canyon steht, sicher über 100 m tief, welchen der Snake River in die Ebene gegraben hat.

Auf dem Weg von Lake Tahoe nach Idaho Falls habe ich schon am Vortag festgestellt, dass ich überall ein extrem gutes Handysignal habe. Es ist allerdings unbrauchbar, weil es sich um das langsamste Netz überhaupt, das G-Netz handelt. Aktuelle Internetseiten sind so aufgebaut, dass sie eine wesentlich höhere Bandbreite für die Datenübertragung benötigen. Immerhin könnte man aber bei Schwierigkeiten den Notruf anrufen.

Die langsame Verbindung ändert sich schlagartig, als wir die Grenze zu Idaho überqueren: auf einmal haben wir über mehrere hundert Meilen H+. Es scheint so, als würde in den Staaten unterschiedlich viel in die Mobilfunknetze investiert. So hat man z.B. im Hightech-Staat Kalifornien über weite Strecken kein Netz, sobald man aber in die Nähe einer Stadt kommt, ist der Empfang sehr gut. Im Norden von Nevada hat man selbst in der Umgebung von Städten nur das E-Netz, welches gerade nach dem langsamsten G-Netz kommt. Ich bin gespannt, ob das gute H+ Netz auf dem Weg nach Montana anhält, wo wir morgen sein werden. Das Wetter sollte dann gemäss Bericht auch wieder besser sein.

Dienstag 15.8.2017, Yellowstone National Park

Nach dem gestrigen Tiefpunkt unserer Ferien kann es heute nur besser werden. Dies beginnt schon in einem Geschäft, dem C-A-L Range Store, welches man mit unserer «Landi» vergleichen kann. In der Tat ist es irgendwie die Landi der USA. Wir gehen dorthin, weil wir Google nach einem Farmer Store gefragt haben. Nach fünf Wochen USA ist es an der Zeit, einen Stetson zu tragen (siehe das ein oder andere Foto). Wir gehen also in die Landi und der richtige Cowboy Hut springt uns geradezu an. Nun nur noch den passenden Gurt dazu finden. Wir finden zwei wunderschöne, zum Hut passende, doch leider ist es mir nicht möglich, so viel Gewicht abzunehmen, dass ich in den zu kurzen Gurt passe, und ich möchte auch nicht unbedingt so viel zunehmen, dass der zu lange passt. So sehen wir uns gezwungen, nach Verkaufspersonal zu suchen. Dieses finden wir nach kurzer Zeit in der Person von Sunde, einer Einheimischen um die Vierzig. Auch diese kann uns in Sachen Gürtel nicht weiterhelfen, fragt uns aber wie so üblich, ob wir wegen der Sonnenfinsternis hier seien. Auf unsere Antwort schlägt sie gleich vor, dass wir bei ihr zu Hause unseren Wagen abstellen können, gegen einen «bescheidenen» Beitrag von 100$. Von RV’s (Camper) verlange sie fürs Übernachten 300$! Freundlich teilen wir ihr mit, dass wir uns das überlegen würden… In dieser Gegend versucht jeder, mit der Sonnenfinsternis Geld zu machen und Rexburg, der Standort der Landi, befindet sich auf der Zentrallinie der Finsternis, ist also ideal für die Beobachtung. Nach weiterem Smalltalk (jeder hat Verwandte irgendwo in Europa) verlassen wir also voll Freude mit Hut die Landi.

Aus der US-Landi (C-A-L Ranch Stores) mit nigelnagelneuen Stetson

Über den Parkplatz laufend ruft uns ein junger Kerl um die 35 zu, woher wir denn kämen. Es stellt sich heraus, dass er ein John Deere Vertreter ist, was natürlich wieder ein Gesprächsthema für uns ist. Wir erklären ihm, dass John Deere der beliebteste Traktor in der Schweiz sei (ob das nun so ist oder nicht, ist ohnehin Nebensache), und auch mit ihm sprechen wir schlussendlich übers Skifahren und, und, und… Amerika ist nach den erschreckenden zwei letzten Tagen wieder normal.

Wir fahren schliesslich weiter zu meinem Lieblingsnationalpark Yellowstone. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einem weiteren Unfall vorbei: ein riesiger Truck liegt neben der Strasse auf der Seite und sollte gerade geborgen werden.
Ich würde den Yellowstone nicht als schönsten Park bezeichnen (dieser folgt ganz am Schluss), aber als faszinierendsten. Ein grosser Teil davon macht die etwa 27 km grosse Caldera aus, der eigentliche Teil. Wenn ich mich richtig erinnere, handelt es sich hier um einen der wenigen Supervulkane der Erde welche, sollten sie explodieren, die Erde verändern würden. Delikat dabei ist, dass der Yellowstone ca. alle 700’000 Jahre ausbricht und der nächste Ausbruch längst überfällig ist. Bis zum nächsten Ausbruch kann es dennoch gut 1’000, 10’000 oder noch mehr Jahre dauern. Eins weiss man gewiss: er sollte besser gar nicht ausbrechen.

Angelika war vorher noch nie im Yellowstone, also können wir klein anfangen. Beim ersten Wegweiser fahren wir rechts weg und gehen zu Fuss etwa 300 m weit zu einer kochenden Quelle. Bei der Menge Wasser, die da kocht, schätzte ich die Leistung auf mindestens fünfzig 2kW Kochplatten. Man könnte also gleich eine ganze Hühnerbatterie Eier auf einmal kochen. Die Quelle ist das eine, die zwei Engländer, die wir antreffen das andere. Peter, der männliche Part, entpuppt sich als dermassen herrlich englisch, superschräg, dass ich mit ihm sofort zurechtkomme. Unter anderem erklärt er mir, dass er in Kanada ein versteinertes Alien gesehen hat. Das Schöne am ganzen ist die Art und Weise, die Inbrunst, wie er alles erzählt, einfach britisch. Auch dies ist eines der Gespräche, die wir abbrechen müssen, damit wir noch etwas vom Tag haben. Wir machen uns also weiter auf den Weg in Richtung Old Faithful.

Anfängerquelle für Angelika (der Sprudel hat einen Durchmesser von einem guten Meter)

Zuerst kommen wir aber an der Grand Prismatic Spring vorbei, einer der schönsten Quellen. Wir sind natürlich nicht die einzigen, welche diese besuchen wollen und es hat keine regulären Parkplätze mehr. Wir müssen das Auto in einiger Entfernung abstellen und haben das unglaubliche Glück, beobachten zu können, wie ein Bald Eagle (Weisskopfseeadler, Wappentier der USA) einen anständigen Fisch aus dem Fluss holt. Er zieht einen Kreis, um Höhe zu gewinnen, fliegt über uns hinweg und wir können deutlich sehen, dass der Fisch wohl mehr als 20 cm lang ist. Faszinierend zu beobachten aber leider ist der ganze Vorgang wegen der Dynamik unmöglich zu fotografieren!

Die phantastische „Grand Prismatic Spring“

Die heissen Quellen hier bestechen durch ihre Farben. In der Mitte das Blau des eigentlichen Pools, dem am Rand ein Türkis folgt. Gleich anschliessend sind Bakterien für die Farbe gelb zuständig, worauf andere Bakterien, die es gerne etwas kälter haben (ich schätzte zwischen siebzig und achzig grad, weil ich mir fast die Finger darin verbrenne) für die Farbe rotorange zuständig sind. Noch weiter weg wird es schliesslich braun und wo es trocken ist weiss.

Diese Quelle spuckt grad kochendes Wasser

Nun geht es weiter zum Visitor Center, wo sich der Geysir Old Faithful befindet. Dieser bricht alle 90 Minuten plus minus 10 Minuten aus. Im Visitor Center finden wir heraus, dass der nächste Ausbruch in etwa 40 Minuten zu erwarten ist. Etwa eine halbe Stunde davor machen wir uns also auf, damit wir einen Platz in der vordersten Reihe haben. Neben uns hat sich schon eine Dreigenerationenfamilie platziert und wir kommen mit Oma und Opa ins Gespräch. Es stellt sich heraus, dass die Gruppe wegen der Sonnenfinsternis mit der ganzen Familie aus Minnesota hierher zu einer Cousine der Tochter gefahren ist. Wir unterhalten uns so gut, dass wir gar nicht mehr merken, wie die Zeit vergeht, bis Old Faithful zu rumoren beginnt. Er kündigt sich mit einer kleinen Fontäne von zwei bis drei Metern an. Danach ist wieder zwei Minuten Ruhe. Ein Anfänger aus den hinteren Reihen meint, das war’s. Plötzlich kommt aber von neuem Bewegung in die Sache und die anfänglich kleinen Fontänen werden immer grösser. Gemäss Wikipedia erreichen sie 30 bis 55 Meter. Auf jeden Fall handelt es sich um ein eindrückliches Schauspiel, welches wir mit mehreren hundert anderen Zuschauern beobachten können.

Auf Youtube habe ich eine tolle Aufnahme einer Eruption des Old Faithful gefunden, geht aber besser selber hin!

Schliesslich machen wir uns zu unserem nächsten Hotel auf, der Rainbow Ranch Lodge, welche knapp eine Stunde nördlich liegt. Angelika hat hier für die nächsten drei Tage das schönste (und teuerste) Hotel unserer Reise gebucht, und dieses Hotel hat es wirklich in sich. Mit seinen Gebäuden aus Holz fügt es sich wunderbar in die Landschaft ein. In unserem grosszügigen Zimmer gibt es ein Cheminée und nicht einmal 10 Meter vor unserer fast ebenerdigen Veranda fliesst der Gallatin River vorbei, welcher der erste Zufluss des Missouris ist. Jedes Fischers Herzen muss hier höher schlagen: raus aus den Federn und direkt mit der Fliegenrute an den Bach. Ja, wer hier mit Spinner, Zapfen oder was auch immer unterwegs ist, disqualifiziert sich gleich, haben wir beim Nachfragen herausgefunden. Hier in der Yellowstone Gegend sehen wir nur Fliegenfischer.

„Zu Hause“ in der Rainbow Range Lodge angekommen…
… und Zimmer bezogen
Direkt am Gallatin River (oben rechts unser Zimmer)

Weil wir nach dem Erlebten zu müde sind, ein Restaurant zu suchen, reservieren wir gleich einen Tisch hier im Hotel. Angelika erhält mit ihrem Wildteller drei verschiedene Fleischarten: eine Wachtel, ein feines Stück Wildschwein und ein zartes Stück Elch. Ich entscheide mich für das superzarte Bisonfilet. Naja, im Voraus weiss ich das natürlich nicht und ich bestelle es wie immer raw. Es ist denn innen auch recht kühl, verläuft aber fast auf der Zunge, offensichtlich war es perfekt gelagert! Diese Küche ist erste Klasse und steht unseren Spitzenküchen in nichts nach. Das mit Mürbeteig gedeckte, warme Rhabarber-Erdbeerkompott mit einer Kugel Vanilla-Bean-Eis bekommt von mir eine Zehn! Ach ja: der Preis hat es auch in sich. Die günstigsten drei Flaschen Rotwein stammen aus Italien, Frankreich oder Spanien und kosten gut 40$. Die amerikanischen Weine sind noch weitaus teurer!

Zufrieden machen wir uns schliesslich auf ins kühle Bett. Wir müssen uns regelrecht mit der dicken Decke einmummeln, es ist herrlich. Es ist die erste dunkle Nacht in Amerika seit Las Vegas, und das einzige, was wir hören, ist ein leises Rauschen des Flusses vor der Verandatür.

Mittwoch 16.8.2017, Big Sky

Ich erwache irgendwann nach Tagesanbruch mit grauenhaften Kopfschmerzen. Ich lasse mir durch den Kopf gehen, woher das kommen kann. Angelika und ich haben gestern während der Autofahrt ein Kilo Kirschen verdrückt, ich wahrscheinlich zwei Drittel davon. Aber deswegen Kopfschmerzen? Eine halbe Flasche Wein und ein Bier sollten mir eigentlich auch nichts ausmachen. Ist es vielleicht die Höhe? Wir befinden uns immerhin auf gut 2000 Metern über Meer.

Ich nehme also zwei Kafa ein, welche normalerweise wirken, jedoch nicht diesmal. Es wird immer schlimmer und ich entscheide mich für ein Ponstan. Auch bei diesem dauert es ungewöhnlich lange, aber irgendwann wird es besser. In der Zwischenzeit hat Angelika schon den morgigen Tag organisiert und ist mit einem feinen Müsli und einem Kafi zurückgekommen, welche ich mit Widerwillen zu mir nehme. Es wird schliesslich immer besser mit den Schmerzen und wir können uns auf den Weg machen.

Nach einem Zwischenstopp bei unserem Termin von morgen machen wir uns ins Skigebiet Big Sky Resort auf. Beim Sessellift weist man uns an, im «Base Camp» Tickets zu besorgen. Dieses haben wir vorher gesehen, aber dass man im «Base Camp» Tageskarten kauft? Wir gehen also zurück und müssen zuerst ein Formular ausfüllen. Es gibt Formulare für Zipline, Sessellift, Exkursionen und weitere. Wie immer lesen wir unser Formular akribisch genau und äusserst gewissenhaft durch, schlagen unbekannte Wörter in leo.org nach, diskutieren die einzelnen Punkte und rufen unseren Anwalt an, ob wir es unterschreiben können. Nach dessen positivem Befund machen wir dies.
Und nun zur kurzen Version: richtiges Formular aussuchen, «Signature» suchen, unterschreiben.

Blick nach unten in Richtung Big Sky

So etwas befremdet hier schon ein wenig. Der Veranstalter scheint hier effektiv gezwungen zu sein, solche Massnahmen zu ergreifen, will er nicht mit irgendwelchen Klagen konfrontiert werden.

Wir kaufen schliesslich zwei Tageskarten, die uns berechtigen, die zwei Sessellifte zu benutzen, die sich an unserem Standort befinden, vielleicht auch weitere. Dasselbe bezahlt auch, wer sich mit dem Bike nach oben fahren lässt und die coolen Downhill-Strecken runterbrettert. Der ganze Berg ist voll davon, also ein Traum für «Downhiller». Als besonders freundlich erweist sich das Personal bei den Bahnen. Mit ihrer Hilfsbereitschaft übertreiben sie es teils fast ein wenig. Wir wissen ja, wie man einen Sessellift besteigt. Witzig ist einer der Angestellten, welcher meint, wir sollen Ausschau nach Bären halten. Sie hätten heute zwar noch keine gesehen, aber es gebe sie hier. Wegen den vielen Bikern kommt hier während des Tages sicher kein Bär in die Nähe! Ich denke, der hat uns wörtlich einen Bären aufgebunden.

Bei der Bergstation angekommen machen wir einen kurzen Spaziergang um die Ecke und geniessen die Aussicht. Wir befinden uns nun auf gut 2800 m Höhe und stellen fest, dass sich hier in etwa die Waldgrenze befindet. Dies zeigt uns einmal mehr, wie südlich die USA doch liegen. So befindet sich z.B. Bad Ragaz ziemlich genau 47° nördlicher Breite. Unser aktueller Ort Big Sky befindet sich aber 45°15’ nördlicher Breite, also etwa auf der Höhe zwischen Mailand und Turin.

Unser erster Sessellift heisst «Swift Current High Speed Quad», der nächste, welchen wir hochfahren «Ramcharge High Speed Quad». So spektakulär diese Lifte auch benannt sind, so handelt es sich doch einfach um österreichische Doppelmayr-Lifte, die schon ein wenig in die Jahre gekommen sind. Alles in allem ist es aber einwandfreies Material. Eine Überraschung erwartet uns bei der Bergstation des zweiten Sessellifts: ein schon von weitem sehr ansprechendes, riesiges Blockhaus, das Everett’s 8800, vor dem die Schweizer, deutsche, italienische und französische Flagge weht. Hinzu kommt ein weiteres, wohl europäisches Land, welches wir nicht identifizieren können. Noch mehr überrascht sind wir beim Betreten dieser «Skihütte», welche bestimmt zu den schönsten gehört, die wir je betreten haben. Wir unterhalten uns lange mit dem indischen Geschäftsführer, welcher bei Möwenpick Schweiz in Zürich fünf Jahre lang Chef für den Foodbereich war.

Everett’s 8800: Skihütte auf amerikanisch…
… innen sehr schön und gemütlich eingerichtet

Einige Eindrücke reicher machen wir uns schliesslich auf den Rückweg zu unserer Lieblingslodge, wo wir im Internet nach einem Restaurant suchen. Wir finden wieder eine einzigartige Gaststätte, den Gallatin Riverhouse Grill. Schon anhand der Fahrzeuge auf dem Parkplatz können wir erkennen, dass dies die richtige Wahl ist. Wir erwarten eine Schlange, doch diese gibt es nicht. Kurz darauf wissen wir warum: wir erhalten einen Buzzer, welcher leuchtet und vibriert, sobald ein Tisch frei ist. Wir können also in aller Ruhe an der Aussenbar in Schaukeln ein Bier schlürfen. Leider etwas zu kurz, denn der Buzzer geht schon nach wenigen Minuten los. Trotz nur etwa 20° Grad Lufttemeperatur entscheiden wir uns für einen Tisch draussen, wir haben ja die Hoodies dabei. Ich bestelle ein halbes Rauchhuhn mit Bohnen, Maiskolben und etwas Kohlsalat. Angelika bestellt nur einen «Baked Patatoe» und einen Salat. Diese Bestellung machen wir wohlweislich nach unseren Erfahrungen hier. Wir können nicht einmal alles bestellte essen, es ist immer noch zu viel. Es ist allerdings auch traumhaft gut. Sollte also jemand mal hier durchfahren: Gallatin Riverhouse Grill ist auf jeden Fall einen Stopp Wert.

Als Abschluss dieses Tages entscheiden wir uns für ein Bad im ca. 38° Grad warmen Aussenpool des Hotels. Nach etwa 20 Minuten sind wir nun todmüde. Ich kann gerade noch diesen Bericht fertig schreiben.

Weil’s so schön ist, nochmals: unsere Rainbow Range Lodge

Donnerstag 17.8.2017, Big Sky Horseback Riding

Hier ist er nun also, der Tag, an dem ich meinen Teil der Abmachung von Las Vegas einlösen muss. Wer sich erinnern mag: Angelika kam mit mir auf die Shooting Ranch, wenn ich mir ihr reiten würde. Sie hat am Vortag einen vierstündigen Ritt durch die Berge von Montana gebucht. Natürlich war sie nicht naiv und erkundigte sich, ob das für einen Rookie (Anfänger) wie mich denn geeignet wäre. Auf der anderen Seite des Telefons hörte sie nur: no problem. Wir beide sind da eher skeptisch, da ich schon einschlägige Erfahrungen gemacht habe. Nun gleich vier Stunden?

Pünktlich um halb zehn treffen wir also auf Jakes Horses Ranch ein, wo uns die Pferde zugewiesen werden. In unserer Gruppe befinden sich zwei weitere Paare aus Atlanta, welche zu viert unterwegs sind und eine etwas ältere Lady aus Texas, deren Mann beim Fliegenfischen ist. Sie ist nebst Angelika jene mit der grössten Erfahrung und besitzt selber Pferde.

Auf geht’s hoch zu Ross in die Berge Montanas: eine entspannte Angelika zeigt mir den Weg.

Als alle bereit sind, reiten wir in Richtung andere Talseite, wo der Wanderweg langsam und stetig ansteigt. Offensichtlich habe ich ein äusserst gutmütiges Pferd Namens Macy erwischt. Einmal leichten Druck in die Flanken und es geht gleich schneller, was ich allerdings kaum machen muss. Die einhändigen Kommandos links, rechts, stopp und rückwärts funktionieren so einfach, dass man Macy wirklich fast jedem geben kann. Auch der Westernsattel ist sehr bequem. Alles in allem bin ich von Anfang an extrem entspannt und kann den Ritt in vollen Zügen geniessen.

Genauso wie mir ergeht es Angelika. Sie als Expertin meint, dass sich die Pferde hier extrem trittsicher bewegen. Was mich erstaunt: sie als Englischreiterin meint, dass sie diesen Ausritt im Western Style cooler findet, als wenn sie hätte Englisch reiten müssen. Des Weiteren meint sie, dass sie erstaunt ist, was für Passagen wir als Touristen bewältigen. Oft geht es sehr steil bergab. Die Pferde sind aber so trittsicher, einfach Zügel lockerlassen und mitgehen.

Das wöchentliche Bier um Vier hat meine Blase trainiert, ich benötige den Bisistopp nicht und schaue derweilen auf die Pferde.

Auf einer Anhöhe können wir etwa 70 m entfernt einen Coyoten ausmachen. Dieser lässt sich nicht gross von uns beeindrucken und unsere Pferde auch nicht von ihm. Wir können ihn eine ganze Weile lang beobachten, hätten aber ein gutes Objektiv gebraucht, um ein brauchbares Foto zu erhalten.

Etwa zehn Minuten später erblicke ich in der Ferne einen Bären. Dieser ist leider noch weiter weg. Ich würde gerne in seine Richtung reiten, um ihn ein bisschen besser zu sehen, aber er würde bestimmt die Distanz zu uns halten. Ausserdem beharrt unser Guide Britney auf unseren Weg. Hier haben wir etwa die Hälfte des Weges rund um einen Berg erreicht. Es geht nun mehrheitlich bergab und wir erreichen nach gut viereinhalb Stunden Ritt wieder unseren Ausgangspunkt. Die beiden Paare aus Atlanta haben schon früher etwas zu jammern angefangen, ich aber fühle mich nach wie vor recht gut. Als ich schliesslich vom Ross steige, schwanke ich ein wenig, jedoch schmerzt zumindest nichts. Ich bin gespannt, wie es morgen aussehen wird. Angelika meint, dass ihr Allerwertester etwas schmerzt, aber das sei bei ihr schon immer so gewesen. Wie ich ist auch sie total begeistert. Ich hätte mir nie gedacht, dass Reiten so Spass machen kann.

Mal abgesehen von den Schuhen könnte man doch glatt meinen, dass ich’s kann

Wir haben während des ganzen Ritts nichts getrunken, was kein grosses Problem war, da die Temperatur bei gut 20° Grad liegt. Nun aber macht sich der Durst bemerkbar. Zum Glück liegt gleich gegenüber der «Gallatin Riverhouse Grill» von gestern und zu noch grösserem Glück öffnet er gerade. Wir bestellen also ein eiskaltes Bier und ein warmes Pulled Pork Sandwich, welches wir teilen. Natürlich war es zu viel! Der Ritt hat nicht nur hungrig und durstig, sondern auch müde gemacht. Wir fahren also in nicht mal fünf Minuten zurück zu unserer Lodge.

Freitag 18.8.2017, Kässpätzle (Vorarlbergisch)

Ein eigenartiger Titel für einen weiteren Ferientag in den USA, doch der Reihe nach. Wir checken heute Morgen bei Mackenzie aus (was für ein seltsamer weiblicher Vorname). Dabei kommen wir zum Thema Eclipse (Sonnenfinsternis). Sie meint, sie freue sich darauf und dass die Sonne hier ja zu 97% abgedeckt sei. Spontan und etwas übereifrig frage ich sie ins Deutsche übersetzt: «Was? Du fährst nicht diese zweihundert Kilometer in den Süden, um die totale Sonnenfinsternis zu sehen?» Sie verneint und ich halte mein Referat, wie ich es bei diesen Gelegenheiten immer tue. Nach weniger als fünf Minuten weiss sie, was sie am nächsten Montag zu tun hatte. Später am Abend passiert dasselbe nochmals mit dem Kellner eines Restaurants. Er glaubt doch tatsächlich, dass 99% Abdeckung der Sonne gut ist. Leider wissen die Leute hier wirklich nicht, um was es geht. Auch er weiss nach meinem Referat, was am folgenden Montag zu tun ist. Ich hoffe nur, ich fördere keinen «Traffic Jam» (Stau, Verkehrszusammenbruch).

Jedenfalls wollten wir eigentlich drei weitere Nächte in unserer Lodge bleiben, was jedoch nicht klappt. Taylor, die zweite Angestellte an der Rezeption, kann uns aber ein anderes schönes Hotel reservieren, das auch noch um einiges günstiger ist. Dieses liegt direkt in Big Sky, etwas näher zu den Bergen aber etwas weiter entfernt von der Sonnenfinsternis. Wir haben nun fast jede Nacht bis zur Rückreise eine Bleibe reserviert.

Nach der Rezeption machen wir uns ein zweites Mal auf den Weg in den Yellowstone Nationalpark. Unser Ziel ist diesmal die Tierwelt. Wir haben schon viel davon von anderen Touristen gehört, welche davon geschwärmt haben. Angelika ist deshalb richtig euphorisch, ich dagegen bin eher skeptisch. Die Tiere zeigen sich nicht einfach, weil man es will. Es fängt allerdings geradezu sensationell an: kurz nach der Einfahrt in den Park sehen wir auf der rechten Seite im Gras eine Elchdame, welche genüsslich am Grasen ist und sich nicht um den vorbeifahrenden Verkehr kümmert. Das ist es allerdings dann schon fast für den Rest des Tages.

Die Elchdame neben der Strasse

Wir fahren weiter, immer auf der Ausschau nach Tieren und kommen am Norris Becken vorbei. Hier müssen wir stoppen, da sich immerhin der grösste Geysir der Welt an diesem Ort befindet, der Steamboat Geyser. Das Problem bei diesem Geysir ist, dass das Intervall der Hauptausbrüche extrem variiert, zwischen 4 Tagen und 50 Jahren. So brach er zwischen 1911 und 1961 überhaupt nie aus. Die letzte Eruption fand im September 2014 statt. Wir erleben allerdings recht eindrückliche Nebeneruptionen, welche immer mal wieder vorkommen. Wir würden natürlich gerne sehen, wie es richtig losgehen würde, anhand der letzten drei Jahre überschlage ich allerdings, dass die Wahrscheinlichkeit dazu nicht besser als 1:500’000 sein muss, dass man so etwas erleben kann. Andererseits ist es vielleicht besser, wenn man zum Zeitpunkt des Ausbruchs nicht vor Ort ist. Was dabei geschehen kann, lesen wir bei einem weiteren Geysir: ich meine, es war in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, als dieser explodierte und wie durch ein Wunder keiner der sich in der Nähe befindenden Personen verletzte. Dabei wurden riesige Blöcke aus dem Boden gerissen und in die Luft geschleudert. Hier können wirklich ungeheuerliche, unvorhergesehene Dinge geschehen. Auf einem Schild lese ich, dass das einzige im Yellowstone Konstante die Veränderung ist. Quellen und Geysire entstehen und verschwinden wieder oder ruhen viel Jahre, bis sie wiedererwachen. Einen grossen Einschnitt diesbezüglich hatte das Erdbeben von 1959 mit einem Wert von 7.3 auf der Richterskala. Da war wirklich alles oben Beschriebene passiert. Der Park veränderte sich komplett.

Norris Geyser Basin: hier dampft und spritzt es überall aus dem Boden

Etwas ganz Dummes passiert mir dann noch kurz vor der Wegfahrt aus dem Norris Basin: es gab schon vorher ein wenig Wind aber auf einmal bläst mir eine Bö meinen inzwischen lieb gewonnenen Stetson vom Kopf. Das wäre ja nicht weiter schlimm, wäre er nicht direkt in die Nähe eines dampfenden Kraters geblasen worden. Ich wiege sogleich ab: knapp 70$ Stetson gegen eventuellen Verlust des Lebens zu wahrscheinlich weniger als 0.001%. Ich lasse es trotz der geringen Wahrscheinlichkeit bleiben, nicht jedoch, ohne vorher einen Parkranger zu fragen, ob da was zu machen wäre. Dieser ist sehr hilfsbereit, hat jedoch nur einen «Grabber» von etwa 3m Länge zur Verfügung, ich würde wohl die doppelte Länge benötigen. Ich sage ihm, er müsse ja nur noch ein paar Schritte nach draussen machen, doch er meint, das dürfe er nicht. Nun ja, lassen wir das halt. Vielleicht finde ich ja nochmals irgendwo einen solchen Hut.

Das letzte Selfi mit Hut bevor der Stetson in den Geysir fliegt

Weiter geht es auf der Suche nach Tierchen, und wir werden langsam hungrig. Und hier kommt nun der Titel des heutigen Tages ins Spiel: Angelika hat, wie schon einige Male zuvor, Lust auf Kässpätzle und dieses Mal steckt sie mich damit an. Wir schwelgen also in unseren Fantasiekässpätzle und essen eine halbe Stunde später einen Cheeseburger. Viel Schlaueres gibt es hier im Park nicht. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass dieser ganz gut ist und obendrein auch nicht total überteuert wie alles in Kalifornien.

Wir fahren im Uhrzeigersinn durch den Park und mittlerweile ist es schon fast fünf. Angelika ist ein wenig enttäuscht, dass da nicht mehr Tiere zu sehen sind, als wir auf einmal jemanden erblickten, der offensichtlich angehalten hat, um etwas zu fotografieren. Wir schauen in diese Richtung und siehe da: ein Bison steht da im Gebüsch. Wir fahren etwas weiter, stoppen den Wagen und laufen zurück. Mittlerweile hat der Bison es sich gemütlich gemacht und liegt oberhalb der Strasse im Gras. Er ist wohl am wiederkauen und lässt sich überhaupt nicht vom Verkehr oder fotografierenden Touristen beeindrucken. Man liest ja überall, dass man sich den Tieren nicht näher als 25 yards (23m) nähern soll, dies ist aber wohl die Hälfte! Es ist eine richtige Freude, dieses Tier so nahe zu sehen.

Unser erster Bison, juhuuu!

Wir machen uns auf den Rückweg. Kurz vor der Ausfahrt aus dem Park bremst das Fahrzeug vor uns abrupt, und es kommt uns ein zweiter Bison entgegen. Angelika macht geistesgegenwärtig ihr Handy bereit, um das Tier zu filmen, welches etwa vier Meter entfernt seelenruhig an unserem Auto vorbei läuft. Das ist nun wirklich der Höhenpunkt des Tages und wir fahren zufrieden zurück zu unserem neuen Hotel in Big Sky, dem River Rock.

Bison im Sonnenuntergang: eine Sensation für uns!

Samstag 19.8.2017, Big Sky, Lone Mountain

Noch zum Vortag: der Muskelkater vom Reiten war ein wenig da, aber so schwach, dass ich glatt vergessen habe ihn zu erwähnen. Heute ist er etwas stärker, jedoch weit davon entfernt, uns von unserem Plan abbringen zu lassen. Dieser sieht vor, den Lone Mountain zu besteigen. Ich habe natürlich versucht, mich im Vornherein etwas genauer zu informieren, jedoch auf die Schnelle nichts Brauchbares herausgefunden. Den langweiligen Teil unter dem Swift-Current-Lift lassen wir weg. Dieser erspart uns 600 Höhenmeter und es blieben uns somit nochmals gut 600.

Da geht’s hoch: Lone Mountain (3’403m)

Bei Beginn unserer Wanderung ist es etwas bewölkt, wobei es sich um eine etwas eigenartige hohe Bewölkung handelt, wo nicht direkt Wolken auszumachen sind. Es riecht auch etwas nach Rauch, welcher vom riesigen, rund 200 km nordwestlich gelegenen Lolo Peak Fire hierher geblasen wird. Schon seit Tagen kämpfen die Feuerwehrleute gegen diesen Brand, welcher wahrscheinlich von einem Blitz ausgelöst worden war.

Von der Bergstation geht es nicht allzu steil links weg und wir wandern so etwa eine Viertelstunde lang auf einem breiten Weg. Auf einmal ist diese Autobahn weg, Sackgasse. Ich konsultiere mein Handy und finde heraus, dass es zum Gipfel gar keinen richtigen Weg gibt. Allerdings habe ich einen Pfad, dem ich per GPS folgen kann. Nicht allzu steil geht es ab jetzt also geradewegs Richtung Gipfel. Nach etwa 20 Minuten wird es immer steiler, es ist aber immer noch alles im Grünen. Kurz vor einem Grat wird es wieder etwas weniger abfallend und ich denke, nun haben wir das Schlimmste hinter uns, zumal wir uns auf einer vermeintlichen Skipiste mit Abschrankungen befinden.

Unter dem Grat geht’s steil aufwärts.

Leider habe ich mich geirrt. Die Skipiste wird immer steiler und es gibt Passagen, wo wir mit den Händen nachhelfen, sprich ein wenig klettern müssen. Trotzdem kann man nicht sagen, dass es überaus gefährlich wäre. Würde man ausrutschen, wäre dies wegen den Felsen sehr schmerzhaft, man würde aber nirgends hinunter fallen. Ein wenig mulmig ist uns allerdings schon, denn wir wissen ja nicht, was uns noch erwartet, und zurück wollen wir auf keinen Fall wegen unseren nicht mehr 20-jährigen Knien. Etwa nach einer Stunde kommt mir in den Sinn, dass wir ganz schön blöd sind: wir haben gar nicht nachgefragt, ob die Bahn hinunter überhaupt in Betrieb ist. Wir haben es einfach angenommen. Da das Wetter nicht perfekt ist, bekommt uns auf einmal ein ungutes Gefühl, dass heute gar keine Exkursionen per Bahn zum Gipfel stattfinden könnten. Etwas beruhigend ist allerdings, dass wir weit unten immer mal wieder einen der Exkursionsbusse sehen.

Wir sehen die Bahnstation während des ganzen Aufstiegs nur ein oder zwei Mal. Etwa 30 Höhenmeter unterhalb des Gipfels sehe ich sie dann auf einmal wieder und höre das beruhigende Surren des Elektromotors der Luftseilbahn. Gott sei Dank, sie ist in Betrieb! Diese letzten 30 m sind wieder etwas flacher und wir können aufatmen. Just in dem Moment als wir unter dem Zaun hindurch schlüpfen, kommt eine Exkursion an, deren Mitglieder uns teils befremdet anschauen, teils klatschen. Darauf sind wir nun wirklich nicht vorbereitet. Auch der Guide der Exkursion gratuliert uns!

Blick von der Bergstation nach unten

Wir erfahren schliesslich, warum die Leute so reagieren: scheinbar hat ihnen der Guide eine Minute vorher erklärt, dass hier kaum jemand zu Fuss hoch kommt. In dieser Saison sollen den Aufstieg erst sieben lokale Bergführer hinter sich gebracht haben. Aus diesem Grund seien sie «so excited» gewesen uns zu sehen.

Es scheint in der Tat so, dass es hier keine Wanderer gibt. Die Wanderruten befinden sich an anderen Orten. Es gibt hier aber etwas Spezielles: wenn man zu Fuss einen Gipfel mit Bahn hochwandert, hat man sich sozusagen die Fahrt nach unten mit der Bahn verdient. Blöd, weil wir eigentlich sowieso schon eine Tageskarte gelöst haben.

Bei der Talstation teilt uns der Guide der Exkursion mit, dass sich die Talstation auf einem «Covered Glacier», einem bedeckten Gletscher befindet. Der Gletscher ist in der Tat vollständig mit Geröll bedeckt und wenn man das nicht weiss, kommt man nie auf die Idee, dass sich darunter rund 18 m Eis befinden. Da dieser Gletscher – wie so bei Gletschern üblich – den Berg hinunter fliesst, verschiebt sich die Talstation jedes Jahr um ein paar Inches.

Zurück an der Talstation des Lone Peak Tram: unter dem Schutthügel befindet sich ein Gletscher.

Wir dürften nun sogar mit dem Expeditionsbus gratis bis zur Swift-Current-Bahn mitfahren, lehnen dies jedoch ab, da es sich um einen schönen Weg in beeindruckendem Panorama handelt, welchen wir zu Fuss gehen wollen. Dabei inspizieren wir einen brandneuen Doppelmayr-Sechser-Sessellift. Offensichtlich ist die Garage für diesen noch im Bau und wir nähern uns interessehalber der Baustelle. Interessant sind auf jeden Fall die Schilder, welche bei der Talstation angebracht sind. Da werden Details erklärt, was man beim Auf- und Absteigen machen muss, alles ein bisschen seltsam, wenn man es mit der Schweiz oder Österreich vergleicht. Etwas peinlich ist ein offensichtlicher Schreibfehler auf der Tafel. Sind da die Österreicher oder die Amerikaner schuld dran?

Tafel am neuen Österreicher Lift: wer findet den Fehler?

Ebenfalls interessant ist die Klassifizierung der Pisten: grün ist ein «Easier Run» (einfache Piste, bei uns blau), blau ist ein «More Difficult Run», bei uns rot, schwarz ist der «Most Difficult Run», bei uns ebenfalls schwarz. Aber nun kommt’s: es gibt zusätzlich «Expert Terrain», doppelschwarz. Wer jetzt denkt, das wird einfach schwarz sein, irrt sich. «Expert Terrain» enthält Pisten, die bei uns keine Pisten mehr sind, nennen wir sie wie hier «Run». Ein Beispiel dafür ist ein Run vom Lone Mountain senkrecht nach unten ,das Big Couloir, welchen ich gerne mal ausprobieren würde (ich bin mir fast sicher, dass ich das werde). Zu Fuss ist dieser Run ohne Seil nicht machbar, mit den Skiern ein Sturz nicht auffangbar. Wir schauen an vielen Stellen nach oben, wo solche Runs eingezeichnet sind, und einige sind ohne «Free Falls» unmöglich zu meistern. Der Begriff «Expert Terrain» ist absolut nicht untertrieben.

Nicht hochgestapelt: Expert Terrain

Mit einem Exkursionsteilnehmer diskutieren wir schliesslich das oben beschriebene und Angelika verwendet dabei das Wort «Piste». Wie im Englischen üblich lässt sie dabei in der Aussprache das E am Schluss weg und die beiden Zuhörer sind ganz verstört, kein Wunder, da es ja wie «pissed» klingt. Wir finden dabei heraus, dass das ein «Run» ist. Nachforschungen in leo.org ergeben schliesslich, dass eine Skipiste in der Tat auch eine «piste» ist, welche jedoch «piist» ausgesprochen wird, nicht «pissed».

Auf jeden Fall ist es ein neuer Punkt auf der Bucket List, hierher Skilaufen zu kommen, mal schauen, wann das klappt. Die Einheimischen erklären uns, dass man nie in einer Schlange anstehen muss, weil dieses Skigebiet so schwierig zu erreichen ist. Es gibt praktisch keine Tagestouristen und selbst für jene aus den USA, welche eine Woche bleiben wollen, ist der Aufwand in der Regel zu hoch. Die Einheimischen meinen auch, wir sollen doch im Winter wiederkommen, wir sollen es aber nicht weitersagen. Einen kleinen Einblick in das Skigebiet erhält man beim folgenden, etwas dümmlichen Video (das ist nicht das Original von Steve Winwood):

Man erkennt dabei die Bahn auf den Lone Mountain und zweimal die Aussichtsplattform auf diesem.

Im Zusammenhang mit Bahnfahren haben wir im Nachhinein die Hinterseite der Tageskarte konsultiert. Darauf gibt es Sätze wie «überschätze dich nicht!», und es gibt eine Auflistung:
Users should be aware that certain dangers exist including but not limited to», also in etwa: «die Benutzer der Anlagen sollten sich bewusst sein, dass es gewisse Gefahren gibt wie die folgenden, wobei die Liste nicht vollständig ist» In der darauffolgenden Auflistung gibt es einen Punkt «unmarked trails», «nicht markierte Wanderwege». Ob diese vielleicht hinter einem Felsen lauern oder auf einmal aus einem Gebüsch springen? Wir sind tatsächlich auf einem «unmarked trail» unterwegs gewesen und ich kann versichern, dass man diesen nicht ohne Karte und GPS findet.

Auf dem Parkplatz der Bahn: kaufen oder nicht? Vielleicht, wenn der Benzinpreis wieder sinkt…

Da wir recht früh von unserer Wanderung zurück sind, können wir noch einige Zeit im «Hot Tub» des Hotels verbringen. Ein «Hot Tub» ist eine Art überdimensionierter «Jacuzzi» mit Wasser um 38° Grad. Diese kleinen Pools gibt es hier in Montana oft in den Hotels, im Rest der USA scheint die kleinere Form «Jacuzzi» bevorzugt zu werden. Dieses Bad macht uns hungrig und ich überlasse die Wahl des Restaurants diesmal voll und ganz Angelika. Nach einigem Suchen findet sie The horn and cantle at lone montain range und wir fahren dort hin.

In Sachen Restaurant entpuppt sich dies als der Höhepunkt der Reise: ein riesiges Blockhaus, wobei alles aufeinander abgestimmt ist. Ohne es zu ahnen, hat Angelika hier etwas gefunden, was offensichtlich auch die Reichen der Umgebung anlockt. Auf einmal sind die Amerikaner mit Hemden, schönen Hosen und eleganten Schuhen bekleidet. Zum Glück haben wir uns auch etwas besser als normal angezogen, so dass wir gut hineinpassen. Bei der Rezeption des Restaurants müssen wir allerdings überrascht feststellen, dass wir zum ersten Mal in den vergangenen knapp sieben Wochen eine Reservation gebraucht hätten. Der nächste Tisch soll in eineinhalb Stunden frei werden!

Wir entscheiden uns für die Bar und können dort je zwei unglaublich spannende Drinks geniessen. So sind die Zutaten meines zweiten Drinks, nebst weiteren, Brandy und ein Schuss Laphroaig, ein rauchiger Single Malt aus Schottland. Puh, sagt da der Whiskykenner! Einen Single Malt in einen Drink, so was können nur die Amerikaner. Aber wie gesagt, er ist sehr schmackhaft. Sein Name ist übrigens «Gunslinger», Revolverheld, passend zum rauchigen Geschmack.

Gute Laune an der Bar in „The horn and cantle bar at lone mountain range“

Zwei Stunden später bekommen wir schliesslich einen der begehrten Tische und bestellen «Braced Bison Short Rib», geschmorte Bisonrippen. Dazu trinken wir eine Flasche Merlot des Weinguts von Francis Ford Coppola, dem bekannten Regisseur. Braten und Wein sind ein Gedicht! Trotz der etwas gehobenen Klasse, dem teuren Bison und dem Wein bezahlen wir schliesslich «nur» 125$ für das Essen. Die vier Drinks an der Bar haben wir schon bezahlt (57$).

Auch hier verwickeln wir uns schnell in ein interessantes Gespräch mit unseren Tischnachbarn aus Texas, ein Paar um die siebzig. Nach dem Essen verlassen wir mit Angelikas Bisonresten und dem nicht fertig getrunkenen Wein zufrieden das Restaurant.

Blick von unserem Tisch: echt „heimelig“, hier gefällt es uns

Also nicht vergessen, sollte hier einmal jemand vorbeifahren, zum Beispiel in Richtung Yellowstone vom Norden her: The horn and cantle at lone mountain range, genug Geld mitnehmen und unbedingt vorher reservieren!

Ich würde sogar noch weitergehen, falls jemand reitet: Ein oder zwei Übernachtungen beim zugehörigen Hotel buchen und gleichzeitig einen Tag Reiten im zugehörigen Stall. Hier muss man wirklich im Vornherein alles buchen, die scheinen einen so guten Namen zu haben, dass alles ausgebucht ist. Hotel und Reiten können wir leider nicht testen, weil alles ausgebucht ist.

Sonntag 20.8.2017, Ein Tag vor dem grossen Ereignis

Der heutige Tag verläuft relativ unspektakulär. Wir haben für ein Uhr nochmals einen zweistündigen Ritt bei Jakes Horses gebucht. Unser Guide ist wieder die nette Britney mit der grossen Klappe. Beim letzten Mal textete sie die direkt hinter ihr Reitenden viereinhalb Stunden lang nonstop voll.

Ich bekomme wieder meine schon beim letzten Mal lieb gewonnene Macy zugewiesen, was doch ein Zufall ist bei rund 100 Pferden. Eigentlich hätte Angelika ja Macy bekommen, sie gibt sie aber sofort an mich weiter, weil sie weiss, dass ich sie sehr schätzte. Angelika bekommt einen grossen Wallach namens Gaston zugewiesen, bei dem sie vorgewarnt wird, dass er nicht schön traben würde. Gemäss Angelika ist das Gegenteil der Fall und sie hat viel mehr Freude an Gaston, als sie drei Tage zuvor an Cash hatte.

Angelika auf Gaston…
… und ich, mittlerweile völlig locker, auf Macey (aber ohne Stetson!)

In unserer Gruppe gibt es ein britisches Paar in unserem Alter und eine vierköpfige amerikanische Familie, wobei Angelika sofort bemerkt, dass die Mama (zu) sehr um ihre beiden Töchter besorgt ist, kein gutes Vorzeichen. Dies bestätigt sich auch gleich auf dem ersten halben Kilometer, wo wir überhaupt nicht vorwärts kommen. Die gute Britney hat jedoch alles im Griff und bringt die Karre zum Laufen. So geht es von nun an zügig voran, mit mir und Angelika am Schluss. Dies kommt uns sehr gelegen, da wir nicht die ganze Zeit eine Schnattertante vor uns haben wollen.

Das Schöne an unseren beiden Ritten ist, dass wir jedes Mal perfektes Wetter dazu haben. Die Sonne scheint vom Himmel, die Temperatur liegt vielleicht bei 25° und es weht ein angenehmer Wind. Eigentlich sind die Bedingungen auch perfekt zum Wandern, aber auf dem Rücken eines Pferdes, so habe ich mittlerweile bemerkt, ist das doch noch etwas angenehmer.

Zum Abschluss gibt es noch etwas Neues, die Überquerung des Gallatin Rivers. Da wir zuhinterst in der Gruppe sind und der Fluss rauscht, kann ich Britneys Anweisung nicht so ganz verstehen, meine aber, wir müssten links an einem grossen Stein vorbei ans andere Ufer. Sobald ich mit Macy im Wasser bin, driftet diese leicht ab und wir sind bald unterhalb des Steins. Britney sieht das und grinst zu mir als sie sinngemäss sagt: «an dieser Stelle ist es etwas tiefer». Sie sagt es und gleich darauf hat Macy einen nassen Bauch und ich vollgelaufene Schuhe. Natürlich gibt das ein Gelächter und mich stört es auch nicht im Geringsten, weil wir ja bald wieder zurück sind. Statt zwei Stunden hat auch dieser Ritt eine halbe Stunde länger gedauert.

Mit der restlichen Zeit des Tages entscheiden wir uns, nach Bozeman im Norden zu fahren und dort unsere Wäsche zu waschen, zumal mir am Vortag die Unterhosen ausgegangen sind. Gleichzeitig wollen wir in Murdochs Farmer Store schauen, ob wir einen Ersatz für meinen verlorenen Stetson finden. Leider messen wir nun jeden Hut an jenem, den ich gehabt habe und es gefällt uns keiner. Hinzu kommt, dass die Hüte hier das Doppelte kosten. Wir würden es auf dem Weg in den Süden nochmals versuchen.

Wäsche waschen läuft so wie Wäsche waschen halt so verläuft: unspektakulär. Wir haben ja schon einiges an Übung im Benutzen von diesen sogenannten Laundromaten. Ebenso unspektakulär ist unsere Premiere im Subway während unsere Wäsche badet. Wir beide haben diesen Schnellimbiss noch nie versucht, sind aber freudig überrascht von dessen feinem Geschmack. Das Essen am Vortag inklusive Drinks hatte gegen 200$ gekostet, das heutige dafür nur 11$.

Wir gehen um 10 Uhr ins Bett und versuchen bis halb vier zu schlafen. Für Angelika wird das kein grosses Problem sein, doch ich bin schon richtig aufgeregt. Wird es morgen klappen mit Wetter und Verkehr?

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